Am 9. Dezember 2024 kündigte das Google Quantum AI Lab der Welt „Willow“ an, einen Quantenchip, der den Quantenfehler exponentiell reduziert, wenn die Anzahl der Qubits steigt (siehe unseren Artikel „Willow: der neue Quantenchip von Google“ vom 20.12.2024). Die Resonanz auf diese Ankündigung überschattete andere bedeutende Fortschritte, die von weniger bekannten Akteuren erzielt wurden, über die wir in diesem Beitrag eine kurze Übersicht geben möchten.
Der Quantenfehler ist das größte Hindernis bei der Entwicklung von Quantenchips und führt zur Erforschung verschiedener Lösungen, die von Supraleitern (sehr teuer) über gefangene Ionen, den Spin von Elektronen bis hin zu Diamanten reichen, um nur einige zu nennen. Am 3. Januar gab das Pariser Unternehmen Alice & Bob die Entwicklung des „Katzen-Qubits“ bekannt (es heißt „Katze“, weil es auf dem Gedankenexperiment „Schrödingers Katze“ basiert). Dieses Qubit beruht auf einem Antimon-Atom, das über acht Quantenzustände anstelle der üblichen zwei verfügt und so den Fehler verringern kann. Intuitiv ist dies leicht zu verstehen. Der Fehler besteht in einem unerwarteten (und damit zufälligen) Wechsel vom Zustand 0 zum Zustand 1 oder umgekehrt. Beim „Ailuro-Qubit“ (verzeiht uns das Neologismus) sind sieben aufeinanderfolgende Fehler erforderlich (diese Quantenkatzen haben weniger Glück als echte Katzen, da sie nur sieben Leben haben!), um den Mikrostatus des Qubits zu ändern, was die Fehlerwahrscheinlichkeit drastisch reduziert. Doch die Ambitionen von Alice & Bob gehen noch weiter: Sie planen, die Ailuro-Qubits zur Erzeugung logischer Qubits zu nutzen. Diese bestehen aus mehreren physischen Qubits, die dieselbe Information speichern, sodass ein Quantenfehler nur dann auftritt, wenn alle gleichzeitig beeinträchtigt werden. Dadurch sind sie widerstandsfähiger, da ein kompromittiertes Qubit von den anderen erkannt und korrigiert werden kann.
Zur gleichen Zeit gab das irische Unternehmen Equal1, das sich der „Demokratisierung“ der Quanteninformatik verschrieben hat, die Entwicklung eines Quantenchips auf Halbleiterbasis bekannt, dessen Kosten denen herkömmlicher Chips ähneln. Dies ist möglich, da die Spins (grob gesagt die Rotation) der Elektronen als Qubits verwendet werden: Silizium bietet eine stabile Umgebung für diese Quantensysteme. Und noch vor kurzem nutzten koreanische Wissenschaftler Halbleiter zur Herstellung von zweidimensionalen Quantenchips (selbstverständlich existiert 2D nicht wirklich – der Begriff wird hier verwendet, da sie nur so dick wie ein Molekül sind). Diese Chips sind wesentlich weniger anfällig für Temperaturschwankungen oder Streuung elektromagnetischer Wellen und behalten die Quantenzustände (also die Informationen) über einen längeren Zeitraum bei.
Erst in diesem Monat gelang es der Chalmers University of Technology in Schweden, Qubits auf 22 Millikelvin (-273,13 Grad Celsius) herunterzukühlen, indem Mikrowellenstrahlung eingesetzt wurde – eine bisher unerreichte Temperatur. Dies ermöglicht eine längere Erhaltung quantenmechanischer Eigenschaften (wie zum Beispiel der Verschränkung) und somit eine fehlerfreie Verarbeitung über längere Zeiträume.
Und am 19. Februar kündigte Microsoft „Majorana 1“ an, die direkteste Antwort auf Googles „Willow“: ein Prototyp eines Quantenprozessors (QPU), der derzeit 8 Qubits auf neuen Materialien (Indiumarsenid und Aluminium) beherbergen kann – Materialien, die in diesem Bereich bisher noch nie verwendet wurden. Sie machen die Qubits erheblich zuverlässiger, widerstandsfähiger und energieeffizienter. Es handelt sich um topologische Leiter, die auf dem Majorana-Fermion basieren – benannt nach dem Mathematiker, der erstmals die Koexistenz eines subatomaren Teilchens und seines Antiteilchens theoretisierte und damit die Erfassung quantenmechanischer Informationen ermöglichte. Diese jüngsten Entdeckungen werden es ermöglichen, QPUs mit Millionen von Qubits in Jahren statt in Jahrzehnten zu entwickeln – eine Perspektive, die bis vor Kurzem noch unvorstellbar schien.
All dies ist eine Gegenwart, die die Grundlagen für zukünftige Lösungen legt. Gleichzeitig erleben wir aber auch konkrete Fortschritte, etwa in Japan, wo der 20-Qubit-Ionenfallen-Quantencomputer „Reimei“ mit dem Supercomputer Fugaku (dem sechststärksten der Welt) integriert wurde. Die Wahl fiel genau auf diesen Supercomputer, da seine Architektur es ermöglicht, dass sich die Ionen in seinen Schaltkreisen „bewegen“ („Ion Shuttling“), ohne dass ihr Mikrostatus (und damit die gespeicherten Informationen) verändert wird. Quanten-Laptops oder PCs, die herkömmliche Geräte ersetzen, werden wir zwar so bald nicht sehen, aber wir können bereits Probleme lösen, die klassische Computer nicht bewältigen können. Warum also nicht klassische Computer genau dabei unterstützen? Dafür müssen jedoch Bits mit Qubits kommunizieren – und genau das ist in Japan gelungen.
Disclaimer: Dieser Artikel spiegelt die persönliche Meinung der Mitarbeiter von Custodia Wealth Management wider, die ihn verfasst haben. Es handelt sich nicht um Anlageempfehlungen, personalisierte Beratung oder eine Aufforderung, Transaktionen mit Finanzinstrumenten durchzuführen.